Die Zapatistas waren hier!

Ein Meilenstein in der politischen Geschichte unserer Kommune

Alle Rechte sind der KoWa vorbehalten – bitte Foto nicht verbreiten.

Der indigene Besuch aus Chiapas brachte viel Herzlichkeit und interessanten Austausch. Lange hatten wir darauf hingefiebert… Im Frühjahr gründeten wir anderen Aktiven aus Jena und Meiningen eine Thüringer Zapatista-Vernetzung, lernten uns kennen, und unterstützen die bundesweiten Vorbereitungen auf die angekündigte Europa-Reise. Diese verzögerte sich; die Bürokratie und rassistische Visavergabe machte es nicht leicht – plötzlich ging dann alles ganz schnell.

Die Zapatista-Reise nach Europa

Warum plant eine widerständige Basisorganisierung von hunderten indigenen Dörfern aus Chiapas, Mexiko, mit über 150 Personen drei Monate Europa zu bereisen – und anschließend alle weiteren Kontinente? Das war eine unserer ersten Fragen an sie. „Wir wollen euch unsere Worte bringen, und eure Worte mit zurücknehmen“, war die Antwort. Es geht um einen globalen Austausch von Ideen und Praxen von links und unten, um Verständnis, Inspiration, um das Stärken unserer Kämpfe. Es geht um eine globale, emanzipatorische und kontinuierliche Organisierung gegen Kapitalismus und Patriarchat.

Der Aufstand der Zapatistas von 1994 in Chiapas richtete sich gegen Ausbeutung, Rassismus, Unterdrückung der Frauen und aller benachteiligten Geschlechter, gegen die Militarisierung, Umweltzerstörung und die Marginalisierung der indigenen und ländlichen Bevölkerung durch die Herrschaft der Großgrundbesitzer, der politischen Funktionäre und der mexikanischen und transnationalen Konzerne.

Vorausgegangen waren ca. zehn Jahre der klandestinen Organisierung, des langsamen Wachsens einer Bewegung. Sechs Personen begannen damit, und durch Vertrauen und Mund-zu-Mund-Propaganda entstand eine mächtige indigene Armee, die EZLN. …wennauch wir keine Armee aufbauen werden, so lässt sich sicherlich Einiges Lernen von diesem stetigen Organisierungs-Prozess. „Langsam aber sicher schreiten wir voran“, sagt das Symbol der Zapatista-Schnecke.

Nach dem bewaffneten Aufstand wurde ein Waffenstillstand geschlossen – wobei sich bis jetzt mexikanische Militärs und Paramilitärs nicht daran halten. Gegen kontinuierliche Attacken, sowie psychologische und ökonomische Kriegsführung widersetzen sich die zapatistischen Gemeinden seither. Sie bauten mit Erfolg ihre rebellischen autonomen Strukturen in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Selbstverwaltung, Geschlechtergerechtigkeit, Produktion, Medien und Rechtsprechung auf. Seit ihrer Rebellion von 1994 konnten sie viele Verbesserungen für ihre soziale Basis und für viele andere Bewegungen erreichen. Zudem inspirieren sie bis heute viele soziale Kämpfe in Mexiko und weltweit.

Besuch in der KoWa vom 7.-10. Oktober

Die 11-köpfige Delegation von zapatistischen Frauen und Männern blieb zwar kurz – trotzdem schwirrte uns der Kopf nach so viel Input und Austausch. Es war eine schöne Mischung aus informellen internen thematischen Gesprächen – KoWa, Thüringer Vernetzungskreis, reisende Gesellz und Zapatistas – und einer größeren Abendveranstaltung. Zwischendurch malten wir ein gemeinsames Bild, aßen, lachten und musizierten. Ein Highlight war bestimmt der Lagerfeuer-Abend mit widerständigen Liedern, die wir den Zapatistas vorsangen. Am nächsten Abend revanchierten sie sich, und traten als kleine zweistimmige Musiktruppe auf unserer Bühne auf. Wir waren gerührt.

Wir tauschten uns über das Leben in Kommune bzw. in zapatistischen Gemeinden aus; erzählten über die ostdeutsche Geschichte des Widerstands; verbrachten einen Nachmittag zu feministischen Kämpfen hier wie dort; und die reisenden Handwerker tauschten sich mit ihnen über kollektive solidarische Baustellen aus. Bei der öffentlichen Veranstaltung waren über 20 Gruppen und Kollektive aus Thüringen anwesend; zu ca. 70st lauschten wir der Geschichte der Rebellion und des Widerstands der Zapatistas.

Dies war hoffentlich nur ein Auftakt dafür, uns auch in Thüringen längerfristig besser zu organisieren; gerade nach dem Wahlergebnis scheint dies wichtiger denn je. Auch für die Zapatistas ist die Reise in Europa nur der Anfang… Zurück in Chiapas werden sie die Köpfe zusammenstecken, auswerten, und die vielen gesammelten Eindrücke aufarbeiten, um sie allen zapatistischen Gemeinden zu Verfügung zu stellen. Und wer weiß, vielleicht folgen noch weitere Besuche und Projekte.

Mehr zur Reise der Zapatistas findet ihr hier: https://www.ya-basta-netz.org
Unser Kontakt der Thüringer Zapatista-Vernetzung: yabasta-jena[ät]riseup.net

03. November 2021 | Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

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